Albanien: Von Durrës nach Tirana
KAPITEL:
Es folgt unser letzter (und
erster, da ich über Tirana ja hier gebündelt berichte) Tag. Es geht mit dem Van
zum "Dajti Ekspres", einer Seilbahn im Osten Tiranas. Die Fahrt in
der bewährten Doppelmayr-Gondel dauert recht lange, sodass man seinen Blick in
aller Ruhe über die Hauptstadt schweifen lassen kann. Ich prüfe, ob ich im
Süden Tiranas sogar die Burg Petrela ausmachen kann, was mir allerdings nicht
gelingt. Selbst die Frage, ob es von meiner Position überhaupt möglich wäre oder
nicht, kann ich nicht abschließend klären…
Oben angekommen kann man u.a.
Minigolf spielen, an diversen Schießständen schießen, einen Adventurepark
besuchen, essen, trinken und wandern. Wir entscheiden uns nach einem Rundgang
für das anti-alkoholische Trinken im Drehrestaurant des Dajti Tower Belvedere
Hotels. Auch von hier hat man einen netten Rundum-Blick, jedoch schaffen wir
nur eine Vierteldrehung mit dem rotierenden Restaurant, bevor wir es wieder
verlassen. Dafür macht uns der Kellner - ohne, dass wir gefragt hätten -
während unser Anwesenheit deutsche Musik (u.a. "SIDO - Astronaut")
an. Hier wird Service großgeschrieben, haha!
Direkt unterhalb der Seilbahn
befindet sich das Geschichtsprojekt "Bunk'Art 1" (in der Innenstadt
gibt es noch Bunk'Art 2). Hierbei handelt es sich um eine Ausstellung in einer
riesigen unterirdischen Bunkeranlage. Initiiert wurde das Projekt durch die
albanische NGO "Qendra Ura".
Um die unfassbare Menge an
Bunkern (mindestens 173.000!!) in Albanien ansatzweise verstehen zu können,
muss man sich die jüngere Geschichte kurz vor Augen halten:
Zwischen Albanien und den sozialistischen Staaten Osteuropas kam es 1961 zum Bruch. Nachdem die Russen in die Tschechoslowakei einmarschierten, trat Albanien als Reaktion im Jahr 1968 aus dem Warschauer Pakt aus. Dadurch entstand bei der Führung allerdings die Angst, dass die ehemaligen Verbündeten ihr Land besetzen könnten. Die suspekten amerikanischen und britischen Imperialisten waren einem sowieso nie ganz geheuer. Hinzu kamen die Griechen im Süden, mit denen man sich noch im Kriegszustand befand sowie das angespannte Verhältnis zu Jugoslawien. Und dann die Italiener...sie hatten Albanien bereits 1939 überfallen. Kurzum: Feinde, soweit das Auge reicht!!
Zwischen Albanien und den sozialistischen Staaten Osteuropas kam es 1961 zum Bruch. Nachdem die Russen in die Tschechoslowakei einmarschierten, trat Albanien als Reaktion im Jahr 1968 aus dem Warschauer Pakt aus. Dadurch entstand bei der Führung allerdings die Angst, dass die ehemaligen Verbündeten ihr Land besetzen könnten. Die suspekten amerikanischen und britischen Imperialisten waren einem sowieso nie ganz geheuer. Hinzu kamen die Griechen im Süden, mit denen man sich noch im Kriegszustand befand sowie das angespannte Verhältnis zu Jugoslawien. Und dann die Italiener...sie hatten Albanien bereits 1939 überfallen. Kurzum: Feinde, soweit das Auge reicht!!
Das Ziel von Enver Hoxha war
daher, für je vier Albaner einen Bunker zu bauen, was dann rund 750.000 Bunkern
entsprochen hätte. Im Invasionsfall wäre die Bevölkerung bewaffnet worden und
hätte so massiven Widerstand leisten können. Laut einer 2014 aufgetauchten
Liste waren 1983, kurz vor dem Ende der Bauphase, gut 173.000 Bunker
fertiggestellt. Es gibt allerdings auch deutlich höhere Schätzungen. Klar, dass
der hierfür benötigte Stahlbeton für Häuser oder andere Infrastrukturprojekte
nicht mehr zur Verfügung stand. Zusammen mit der Isolationspolitik war es eine
schwere Herausforderung für die ohnehin schwächelnde Volkswirtschaft.
Früher diente die Bunkeranlage am
östlichen Stadtrand als Unterschlupf für Enver Hoxha und seine engsten
Unterstützer. Heute wird in Dutzenden Räumen die Geschichte der Hoxha-Ära anhand
von Fotos, Dokumenten und Ausstellungsstücken erzählt. Im Zentrum der Anlage
befindet sich eine ehemalige Versammlungshalle, die inzwischen u.a. für
Jazzkonzerte genutzt wird.
Nachdem wir die Bunkeranlage
wieder verlassen, meint ein Kumpel, dass neben ihm gerade ein kleiner Skorpion
herumläuft. Ich belächle diese Aussage, bis ich ihn mir selbst ansehe.
Tatsächlich, huch! Ok, er ist winzig, aber vielleicht hätten wir in den vergangenen
Tagen beim querfeldein durch die Gebüsche rennen doch etwas bedachter vorgehen
sollen...? Naja, zu spät! 😄
In Tirana selbst ziehen wir
natürlich das klassische Touri-Programm durch: Skanderbeg-Platz mit Uhrturm
(mit seinen 35m Höhe war er bis 1970 das höchste Gebäude in Tirana!),
Et’hem-Bey-Moschee, Auferstehungskathedrale, Pauluskathedrale (inkl. Mutter
Teresa, die übrigens albanischer Abstammung war), Pyramide von Tirana,
Boulevard, Großer Park von Tirana inkl. See, usw.
Lohnenswert aufgrund seiner
gemütlichen Atmosphäre ist noch der "Pazari i Ri"! Am frisch
(2015-2017) sanierten Markt kann man an diversen Ständen alles Mögliche
käuflich erwerben oder aber sich hinsetzen und etwas essen oder trinken.
Empfehlen kann ich das "Craft & Natural Puka Beer" (Name ist
semi-vorteilhaft), welches man in einem der dortigen Läden bekommt.
Skanderbeg-Platz
Skanderbeg-Statue
Et’hem-Bey-Moschee
Pyramide von Tirana
Auferstehungskathedrale Tirana
Am späten Nachmittag haben wir
sogar noch Zeit für einen Kaffee mit einem sehr sympathischen weiblichen
Mitglied der Albanien-Facebook-Gruppe! 😊 Sie hat mir bereits vor der Reise ein
paar gute Tipps gegeben und auch ihr 'Ich bin zur gleichen Zeit im Land, dies
ist meine albanische Handynummer und wenn iiiirgendwas ist, melde dich
einfach!' klang im Vorfeld natürlich beruhigend. Wäre die Verkehrskontrolle am
Vortag anders gelaufen, wäre sie wohl mein "wichtiger Kontakt"
geworden, haha! Auch sie "darf" uns noch etliche Fragen über Land
& Leute beantworten, bevor wir uns verabschieden und Richtung
Blloku-Viertel ziehen. Hier spielt sich ein Großteil des Nachtlebens ab und es
gibt viele Bars, Restaurants, Cafés und Läden.
Die für uns beste Bar haben wir
aber ganz woanders gefunden! Ein kleines Stück nordwestlich des
Skanderbeg-Platzes findet man die Hemingway-Bar. Hier sind wir an beiden
Abenden versackt, da Atmosphäre und Musik toll sind, die Drinks gut schmecken
und die Leute sehr entspannt wirken. Außerdem gibt es eine Hauskatze, die meist
auf dem Tresen schlummert. 😁 Prinzipiell gibt es auch Live-Musik, jedoch nicht zu
den Zeiten, in denen wir anwesend waren.
Hemingway-Bar
Beamer-Projektion vor der
Hemingway-Bar
Die letzte Nacht ist nochmals
abenteuerlich! Da unser Rückflug Sonntag früh um 6Uhr startet, kam im Vorfeld
die Frage auf, ob wir nochmals drei Doppelzimmer buchen sollen oder einfach bis
3Uhr durchmachen und dann zum Flughafen fahren. Da wir fast alle bereits am
Montag wieder arbeiten müssen, haben wir uns auf einen Kompromiss geeinigt und
ein deutlich günstigeres Appartement für sechs Personen gebucht: Ein
Doppelbett, ein Hoch-/Etagenbett sowie zwei kleine Sofas in der Küche. Das
Appartement selbst ist völlig in Ordnung, erwähnenswerter ist eher das Haus! An
der Rezeption sollen wir einem älteren Herrn zum Aufzug folgen. Da wir sowieso
nicht alle hineinpassen, stellen wir sämtliche Koffer sowie einen Mitreisenden
hinein und wir anderen wollen laufen. Mehrfach versuchen wir vom Mann zu
erfahren, in welchen Stock wir denn nun müssen. Nachdem uns zwei Mal drei
erhobene Finger gezeigt werden, stapfen wir in den besagten Stock. Nichts! Wir
rufen hoch, wir rufen runter...auch nichts. Hm...ich wage mich mal zwei
Stockwerke weiter nach oben, langsam wird es dunkler und schmutziger auf den
Fluren. Etwas gruselig! Irgendwann klärt sich das Ganze auf, wir hätten in den
ZEHNTEN Stock gemusst! Wahrscheinlich meinte der Herr, dass drei Personen in
den Aufzug passen, aber wirklich vorteilhaft war seine Zeichensprache nicht.
Uns bleiben noch rund 2-3 Stunden Schlaf, von denen ich die erste damit
verbringe, einem albanischen Ehepaar beim exzessiven Streiten zuzuhören...
Dünne Wände! Aber alles in allem noch einmal ein lustiges Erlebnis und nach dem
luxuriösen Hotel in Durrës ein schöner Kontrast.
Mit einem lachenden und einem
weinenden Auge geht es zum Flughafen. Aus eigener Blödheit umrunden wir diesen
nochmals direkt am Stacheldrahtzaun zum Rollfeld auf diversen Feldwegen,
ansonsten geht alles glatt. Eine verdammt ereignisreiche und abwechslungsreiche
Zeit geht zu Ende...
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