Albanien: Von Elbasan nach Durrës
KAPITEL:
Heute geht es über Kruja nach
Durrës. Da die Straßen um Tirana ausnahmsweise die Möglichkeit bieten, etwas
schneller zu fahren, entsteht folgende Situation...
Unser Fahrer (der sonst sehr
vernünftig und gut gefahren ist): "Ich glaube, hier ist nur 60km/h oder so
und ich hab grad 140 drauf."
...20sek später...
Polizei, Kelle, bitte rechts
halten!
Kein Witz!
Oh je, Verkehrskontrolle durch
die albanische Polizei! Was passiert jetzt? Müssen wir ein Bündel Geldscheine bereithalten?
Ein paar Telefonate können wir schließlich nicht führen, wir kennen ja niemand
wichtiges im Land!
Ein weniger bedrohlich als
befürchtet aussehender Polizist mittleren Alters tritt von hinten an die
Fahrertür. Er sieht, dass wir Touristen sind, zeigt uns einen Zettel, auf dem
u.a. "90km/h" steht (ich glaube, so schnell hätte man fahren dürfen)
und macht ein Zeichen, dass wir unsere Geschwindigkeit bitte um eeeiiiiniges
reduzieren sollen. Er versichert sich, dass wir verstanden haben und...geht.
Okay... Wir haben im Vorfeld
gelernt, dass man bei Parkvergehen in Albanien oft gar kein direktes Knöllchen
bekommt, sondern dass man von der vorbeifahrenden Polizei notiert wird und
später Post erhält. Läuft das nun auch hier so? Später am Tag recherchieren wir
prophylaktisch schon einmal im Internet nach dem albanischen
Straßenverkehrs-Strafkatalog. 50-60km/h drüber, heieiei! Wir finden natürlich
nichts Brauchbares. In einem Forum heißt es aber, dass es angeblich eine
inoffizielle Order an die Polizisten gäbe, bei Touristen nachsichtig und sehr
kulant zu sein. Echt jetzt?! Man stelle sich vor, ein Albaner fährt bei uns 150
in einer 90er-Zone...der Lappen wäre erst mal weg! Tja, abwarten, ob noch etwas
kommt. Aber ich bin guter Dinge! Zumal man bei solchen Strafen ansonsten wohl
auch direkt zahlen kann und dann Rabatt erhält. Das wurde uns jedenfalls nicht
angeboten, haha!
In Kruja, so finde ich, sollte
jeder Autofahrer folgenden Tipp beherzigen: Verlasse nie - und ich meine NIE -
die Hauptstraße! Sonst hast du mit einem großen Van ein Problem. 😦 Insbesondere
da Google Maps in Albanien gerne mal eine Straße erfindet, eine andere weglässt
und bei Einbahnstraßen des Öfteren vergisst, dass man dort von unserer Seite
nicht hineinfahren darf. Im großen und ganzen gab es aber keine Irrfahrten.
Nachdem der Wagen schließlich
doch noch in einem Stück an einem passenden Parkplatz ankommt, laufen wir
zunächst durch den Basar. Optisch ist er fantastisch und teilweise werden auch
interessante Stücke - z.B. aus der kommunistischen Zeit - angeboten. Jedoch
gibt Kruja meines Erachtens einen Ausblick auf das Albanien, wie es in 10
Jahren aussehen könnte. Von allen Seiten hört man: "Come inside",
"You can look in the shop", "Coffee, tea, beer!",
"Where are you from?", usw. Sicher alles lieb gemeint, aber ein
bisschen too much. Ich weiß schon selbst, ob ich irgendwo hineingehen möchte
oder nicht, danke.
Weiter zur Festung von Kruja!
Diese gilt den Albanern als Nationalheiligtum, da von hier aus der Widerstand
gegen die übermächtigen Osmanen organisiert wurde. Womit wir auch
"schon" beim Nationalhelden wären: Gjergj Kastrioti, genannt
Skanderbeg/Skënderbeu!
Seine wohl größte Leistung war
die wiederholte Verteidigung des Fürstentums Kastrioti gegen die Osmanen und er
erhielt von Papst Calixtus III. sowohl den Titel Fidei defensor („Verteidiger
des Glaubens“) als auch den Ehrentitel Athleta Christi („Kämpfer des
Christentums“).
Im Rahmen dieser Verteidigungen
zog u.a. 1450 ein 150.000 Mann starkes Heer unter Murad II. gegen Kruja und
schließlich nochmals 1466 ein 200.000 - 300.000 Mann starkes osmanisches Heer
zur zweiten Belagerung der damaligen Hauptstadt. Durch kluges Taktieren
(Überfälle, Scheinangriffe und Scheinflucht) und ebenso viel Mut zwang er den
Sultan, in die Winterquartiere nach Konstantinopel abzuziehen. Dieser ließ
jedoch 80.000 Mann zurück, um Kruja auszuhungern. Auch dieser Plan schlug fehl
und Skanderbeg konnte (mit Unterstützung aus Rom und Neapel) die Osmanen 1467
schlagen.
Nachdem Skanderbeg 1468 starb,
soll der Sultan Mehmed II ausgerufen haben: "Endlich gehört mir Europa und
Asien. Wehe der Christenheit, sie hat ihr Schwert und ihren Schild
verloren!"
Dies alles und die weitere
Entwicklung kann man aber an anderer Stelle sicherlich ausführlicher und
historisch korrekter nachlesen...es soll nur kurz skizzieren, warum Skanderbeg
ein solcher Held für die Albaner ist.
Blick auf die Festung von Kruja
Gut, dass Katzen nicht nur ein
Leben haben...
Festung von Kruja -
Skanderbeg-Museum
Festung von Kruja -
Skanderbeg-Museum
Festung von Kruja
"Secret Tunnel" unter
der Stadtmauer
Nach einem Rundgang in der
Festung besuchen wir dann auch noch das Skanderbeg-Museum. Um es vollständig
schätzen zu können, müsste man Albanisch sprechen und sich noch viel
ausgiebiger mit der Geschichte auseinandersetzen, aber auch so ist es definitiv
lohnenswert.
Abfahrt nach Durrës! Bei der
zweitgrößten Stadt, was die Einwohnerzahl betrifft, wurde ich im Vorfeld
gewarnt, dass es sich um eine ziemliche Betonwüste handeln soll. Obwohl ich mit
dem Industriehafen und diversen Gebäuden weiß, was gemeint war, finde ich sie
für einen halben Tag gar nicht schlecht, haha!
Zu meinem Eindruck trägt die
Tatsache bei, dass wir hier ein sehr schönes Hotel (Hotel Brais) haben, das
über eine für alle Gäste zugängliche Dachterrasse mit Blick auf das
Amphitheater, zwei Moscheen, die alte Stadtmauer und das Meer verfügt. Da alle
nach den Tagen ein wenig platt sind, erheitert uns die Tatsache, fast alle
Sehenswürdigkeiten betrachten zu können, ohne das Hotel verlassen zu müssen. 😅
Natürlich tun wir das später trotzdem noch.
Am Abend werden wir Zeuge davon,
wie die zwei Muezzins der beiden Moscheen um die Wette zum Gebet rufen. Als in
der Mitte wohnender Gläubiger wäre ich ganz verwirrt, da sich die Stimmen der
beiden disharmonisch überlagern.
Blick von der Dachterrasse des
Hotels
Venezianischer Turm
Neue Moschee
Amphitheater
Römisches Forum
Wie in jeder albanischen
Küstenstadt landet man früher oder später an der Promenade. Hier haben wir
zunächst einen Heidenspaß beim Autoscooter fahren! Die Technik hinter den Wagen
ist speziell, aber letztendlich tun sie das, was sie sollen. Wir rammen uns fleißig,
verschonen die kleinen, ebenfalls fahrenden Mädchen weitestgehend und gehen
gutgelaunt zur nächsten Attraktion: Zwei Minuten an einer Stange hängen und
Geld gewinnen? Ein Kumpel von mir ist dabei! Wir durchschauen sogar den Trick,
dass die Stange sich leicht dreht und wollen die Stange anstelle von im Ober-
oder Untergriff per Kreuzgriff greifen...so würde man das Drehen verhindern.
Tja, nicht erlaubt! Somit ist schon früh klar, dass es wohl nichts mit dem
Gewinn wird.
Autoscooter
Autoscooter - Detailaufnahme 🙈
Der Sonnenuntergang hätte
zeitlich kaum passender einsetzen können und wir hocken uns - ganz romantisch
unter sechs Männern - ans Meer. Zusammen mit vielen anderen Menschen werden wir
Zeugen dieses Naturschauspiels.
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