Albanien: Von Tirana nach Berat
KAPITEL:
Obwohl wir bereits Freitagnachmittag
in Tirana im Hotel einchecken und daher am ersten halben Tag schon einiges von
der Hauptstadt sehen, möchte ich den Reisebericht direkt mit der Fahrt in
Richtung Berat am Samstagmorgen beginnen. Grund hierfür ist, dass wir zum
Schluss nochmals in Tirana sind und ich die dortigen Erlebnisse lieber
gebündelt im letzten Kapitel vor dem Fazit behandeln möchte.
Unser erster Zwischenstopp ist
zum Glück nur wenige Kilometer südlich der Hauptstadt zu finden: Der kleine Ort
Petrela inkl. gleichnamiger Burg. Während die heutige Anlage weitestgehend aus
dem Mittelalter stammt, reicht das Alter der Fundamente sogar bis in die
Spätantike zurück. Mamica, die Schwester des Nationalhelden Skanderbeg (hierzu
später mehr), residierte im 15. Jahrhundert n. Chr. in der Burg. Nach einem
kurzen Aufstieg findet man oben angekommen u.a. ein Restaurant und kann den
wunderschönen Weitblick über die Landschaft bis nach Tirana genießen. Wirklich
ein lohnenswerter kleiner Abstecher!
Burg Petrela
Restaurant auf der Burg Petrela
Blick auf Petrela von der Burg
aus
Die nächste Station kann ich mir
nicht nehmen lassen! Kurz vor meiner Abreise habe ich erfahren, dass Namik, der
Pächter des Restaurants in meinem Tennisverein, eine Schwester hat, die in
Albanien lebt und dort zusammen mit ihrem Mann ein Restaurant führt. Der Mann
von ihr sei wohl irgendwie in Albanien bekannt oder so...
Da dieses Lokal, das "Bujtina Mera", direkt um die Ecke liegt, halten wir dort auf einen Kaffee. Nachdem wir das Gebäude und die Aussicht bestaunt und uns hingesetzt haben, erscheint eine Frau, die vom Alter her Namiks Schwester sein könnte. Sie lächelt uns an und folgender Dialog entsteht:
"Hello,
where are you from?"
"Hi,
we are from Germany. I have a question right away: Do you have a brother, who
lives in Germany?"
"Ääääähm...yes,
I do." 😳
"And
is his name Namik?"
".............." 😂😂😂
"Well,
then greetings from your brother! I play in the tennis club where he has his
restaurant."
Haha, ihr Gesicht ist Gold wert!
Sie freut sich total und verteilt direkt eine Runde Blaubeersaft aufs Haus.
Natürlich wollen wir dann auch noch etwas auf eigene Rechnung trinken. Da es
heute 37°C sind, fragen wir, ob es Eiskaffee o.ä. gäbe...falls nicht, nähmen
wir natürlich einfach etwas Anderes. Es gibt keinen, aber zusammen mit dem Koch
macht sie uns dann tatsächlich trotzdem irgendwie welchen ("my new
creation"). So nett, es ist uns ganz unangenehm, danach gefragt zu haben!
Auch ein Foto mit ihr mache ich als Erinnerung für den Bruder, aber ungefragt
möchte ich es hier natürlich nicht veröffentlichen.
Wie sich später herausstellt,
heißt ihr Mann Behar Mera und ist anscheinend wirklich ein sehr bekannter
Schauspieler und Comedian in Albanien.
Das Restaurant "Bujtina
Mera"
Unser nächstes und letztes Ziel
vor Berat ist die Pëllumba-Höhle (auch Schwarze Höhle). Bei ihr war ich im
Vorfeld unsicher, ob und wie wir sie besichtigen können. Ich glaube, selbst
viele Albaner kennen sie nicht und Internet sowie Reiseführer geben hier meist
nur lückenhafte Infos. Dennoch reizte sie mich aus irgendeinem Grund und mit
sechs Männern möchte man ja ein bisschen "Abenteuer" zwischendurch. 😉
Klar ist jedenfalls, dass wir mit
dem Auto zunächst nach Pëllumbas müssen und von dort noch ein ganzes Stück
laufen werden. Tatsächlich stoßen wir im Ort auf eine Person vor einem Gebäude.
Das Ganze nennt sich "Pëllumbas Tourism Cluster", wenn ich mich
richtig erinnere. Cluster ist ein ziemlich großes Wort für das, was wir hier
sehen. Aber uns wird alles erklärt und wir haben die Wahl, einen Führer, Helme
und/oder Scheinwerfer mitzunehmen.
Führer, pff! Helme, ach was!
Licht...ja gut, Licht wäre vielleicht nicht schlecht in einer dunklen Höhle. So
nehmen wir - zusätzlich zu den 3-4 funzeligen Taschenlampen, die wir bereits
dabei haben - noch zwei tragbare Scheinwerfer (ca. 3€ Leihgebühr pro Stück) mit
auf den Weg. Wie eben erwähnt ist es heute sehr, sehr heiß und der Weg zur
Höhle dauert rund eine Stunde...one-way! Hinzu kommt, dass es ziemlich bergig
ist und auf dem Hinweg größtenteils nach oben geht. Obwohl die Strecke
landschaftlich wunderschön ist, spüre ich nach einer knappen Stunde Hitze und
meiner Aussage, dass der Höhleneingang laut meiner Offlinekarte eigentlich
schon vor 100 Meter hätte sein müssen und er doch hoffentlich überhaupt noch
käme, eine gewisse Abneigung gegen mich und böse Blicke in meinem Rücken.
Auf dem Weg zur Höhle ist uns
diese Schildi über den Weg gelaufen.
Weg zur Höhle
Ausblick auf dem Weg zur Höhle
Doch schließlich tut sich der
Höhleneingang wie ein riesiger Schlund vor uns auf. Sofort wird es gefühlt 10°C
kälter, als wir in den kühlen Luftstrom treten, der aus der Höhle kommt. Sehr
angenehm!
In den meisten anderen Ländern
wäre nun irgendwo Personal oder eine Beleuchtung oder Touristen oder ein Gehweg
in der Höhle oder Absicherungen... Hier ist: Nichts von alledem! Als man in die
stockdunkle Höhle blickt, fühlt es sich tatsächlich nach einem kleinen
Abenteuer an!
Eingang der Pëllumba-Höhle
Eingang der Pëllumba-Höhle
Die Pëllumba-Höhle ist eine 350m
lange Karsthöhle, in der es mehrere große Kammern mit Stalaktiten, Stalagmiten
und jeder Menge Fledermäusen gibt. Nach den ersten 100m schalten wir
spaßeshalber alle zeitgleich unsere Taschenlampen aus. Man sieht...gaaar
nichts! Nicht einmal nach 30 Sekunden auch nur einen Hauch von Konturen. Ich
denke an einen Satz aus meinem Reiseführer: "...auch eine Taschenlampe
empfiehlt sich." Empfiehlt sich?! Ja, danke, ein eingebautes
Nachtsichtgerät haben meine Augen zufälligerweise nicht.
Wir kraxeln weiter und müssen uns
konzentrieren, nicht alle zehn Meter hinzufallen. Der Boden ist durch die
Feuchtigkeit, den Schlamm und - nach unserer Theorie - den
"Fledermaus-Guano" so rutschig, als hätte jemand großzügig
Seifenlauge verteilt. Einen Mitreisenden erwischt es direkt drei Mal und nach
seinen (glücklicherweise glimpflichen) Stürzen sehen die Klamotten später im
Hellen entsprechend aus. Aber sauber kommt niemand von uns heraus, daher sollte
man sich entsprechend kleiden und besser nicht alleine gehen. Auch ausreichend
Wasser empfiehlt sich gerade im Sommer für den längeren Weg.
Nach jedem Abschalten unserer
Lampen erwartet man fast, dass nach dem erneuten Einschalten plötzlich eine
siebte Person in der Runde auftaucht. Leider oder zum Glück - das ist jetzt
Ansichtssache - bleibt es stets bei sechs Personen.
Pëllumba-Höhle
Pëllumba-Höhle
Würmer in der Pëllumba-Höhle
Eine blaue Schnecke in der
Pëllumba-Höhle
Pëllumba-Höhle
"Blair Witch Project"
in der Pëllumba-Höhle 😜
Der einstündige Rückweg kommt uns
allen kürzer vor, da wir noch ziemlich geflasht von der Höhle sind, über das
Erlebte lachen und ich bin insgeheim froh, nicht schon am ersten Tag einen
Schwerverletzten beklagen zu müssen. Der dicke blaue Fleck am Fuß des
gestürzten Kumpels ist noch vertretbar! Selbst jetzt nach der gesamten Reise
sticht dieser Ort - zusammen mit einigen anderen - aus all den Dingen, die wir
gemacht haben, heraus.
Wir sauen den Fußraum unseres
Busses zwangsläufig komplett ein und machen uns auf den Weg nach Berat. Ich
habe dort eine Unterkunft in einem traditionellen Haus mitten im
Mangalem-Viertel gewählt (Hotel Nasho Vruho).
Berat wird auch die Stadt der
1000 Fenster genannt, das unten angefügte Foto erklärt vielleicht, warum das so
ist. Die Stadt wurde 1961 zur Museumsstadt und 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe
erklärt.
Zunächst schauen wir unser
muslimisches Viertel an, bevor wir eine Runde über den Fluss Osum und die
Goricabrücke von 1780 drehen. Diese siebenbogige Brücke wurde von Ahmed Kurt
Pascha gestiftet und es gibt die Sage, dass als Brückenopfer und Fetisch für
die Stabilität eine Frau in das Fundament eingemauert worden sei. Die Brücke
wurde in beiden Weltkriegen zerstört und 1920 bei der Renovierung fand man das
Haupt einer Frau...!
...aber nur aus Holz. 😊
Vorbei am Basar geht es
schließlich auf den Berg zur Zitadelle. Beim Aufstieg muss ich selbst lachen!
Es ging heute erst hoch zur Burg Petrela, dann gab es 2x eine einstündige,
bergige Tour zur Höhle und zurück und jetzt das! Der Fitnesstracker eines Mitreisenden
zeigt für diesen Tag glaube ich 180 Stockwerke (er zählt nur bergauf!) am Ende
an...sorry an dieser Stelle noch einmal!
Die Zitadelle ist tatsächlich
noch heute bewohnt - wie die Festung in Kruja. Es gäbe zu den Kirchen, Vorburg,
Waffenkammer & Co etliches zu erzählen, was jedoch den Rahmen sprengen
würde. Daher gibt es hier lediglich einige (dafür sehr schöne, wie ich finde)
Impressionen. Falls man in Berat ist, stellt die Zitadelle jedenfalls ein
Pflichtprogramm dar!
Blick auf die Neustadt von Berat
Nach dem Abstieg geht es zum
wohlverdienten Abendessen und wir beginnen hier ein Muster, welches wir fast ausnahmslos
für die kompletten Tage so durchziehen:
Anstelle, dass jeder etwas eigenes bestellt, gibt es einfach mehrere Platten mit sämtlichen traditionellen Spezialitäten des Restaurants. Zum einen war dies selbst ohne Albanischkenntnisse (bzw. Englischkenntnisse auf der anderen Seite - wobei die meisten Englisch sprachen!) am einfachsten umsetzbar, zum anderen ist es natürlich super, alles probieren zu können: Gefüllte Paprikaschoten, Reis- und Fleischbällchen, Käse, Oliven, Byrek, kalte Gurkensuppe, Lammschulter, frisch gebackenes Brot, usw. usw.! Nach einem Essen bekommt man meistens noch einen Teller mit Obst, was einen guten Abschluss bildet.
Der Verdauungsspaziergang führt
uns schließlich noch einmal zu ein paar schönen Punkten, bevor es in unser
kleines, aber feines Domizil für die Nacht geht.
Schlafzimmer im Hotel Nasho Vruho
Berat ist definitiv einen Besuch
wert! Für mich ist der Ort zusammen mit Gjirokastra der schönste - wobei man ihn
größentechnisch natürlich nicht mit Tirana oder so vergleichen kann.
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